Projektbeschreibung
Hintergrund und Motivation – Worum es wirklich geht
Jeder Mensch verdient die Chance, einen passenden Beruf zu finden – auch Menschen mit Behinderung. Obwohl gesetzliche Regelungen und Förderprogramme dieses Recht stärken und unterstützen sollen, bleibt der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt für viele weiterhin schwierig.
Besonders Menschen mit Lernschwierigkeiten oder psychischen Beeinträchtigungen arbeiten häufig in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM). Diese bieten zwar Sicherheit, begrenzen jedoch individuelle und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten.
Hinzu kommen fehlende unabhängige Beratung, unzureichende Übergangsangebote sowie Diskriminierung im Arbeitsumfeld. Diese strukturellen Hürden erschweren den Weg in ein selbstbestimmtes Berufsleben erheblich.
Als Folge bleibt vielen Menschen mit Behinderung eine echte Teilhabe am Arbeitsleben verwehrt. Einige ziehen sich zurück, andere verlieren das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten.
Ziel des Projekts – Frei statt fremdbestimmt: Ein Weg in einen selbstbestimmten Beruf
Das Franz Sales Haus, die Technische Universität Dortmund, die Münster School of Design und das Fraunhofer-Institut FIT arbeiten gemeinsam an einem innovativen Forschungsprojekt mit dem Ziel, die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung bei der Berufswahl zu fördern.
Im Mittelpunkt steht die Entwicklung eines KI-gestützten Bedarfsanalyse-Tools. Dieses ermöglicht Nutzer:innen, ihre Wünsche, Stärken und Unterstützungsbedarfe eigenständig – oder bei Bedarf mit Unterstützung – zu erfassen. So können sie ihre Potenziale besser erkennen und dadurch ihre Selbstbestimmung sowie ihr Empowerment stärken.
Das Tool unterstützt dabei nicht nur Menschen mit Behinderung bei der Berufsorientierung, sondern erleichtert auch Fachkräften in der Eingliederungshilfe die Arbeit durch strukturierte, nachvollziehbare und effizientere Prozesse.
Das auf fünf Jahre angelegte Projekt wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Mitteln aus dem Ausgleichsfonds nach § 41 Absatz 1 Satz 6 SGB IX gefördert. Die Förderung unterstreicht die gesellschaftliche Bedeutung beruflicher Teilhabe – politisch, wirtschaftlich und menschlich.
Partizipative Forschung – Die aktive Einbeziehung von Menschen mit Behinderung
Im Fokus des Projekts steht die aktive Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderung. Schon zu Beginn sind sie nicht nur Teil des Forschungsprozesses, sondern übernehmen als Co-Forscher:innen eine verantwortungsvolle Gestalter:innenrolle. Ihre persönlichen Erfahrungen, Interessen und Wünsche fließen direkt in die Forschung ein und beeinflussen deren Verlauf maßgeblich.
Durch ihr selbstbestimmtes Mitwirken entstehen praxisnahe und aussagekräftige Ergebnisse. So lassen sich zentrale Fragestellungen erkennen, passgenaue Lösungen entwickeln und Forschungsergebnisse gemeinsam reflektieren.
Co-Design-Workshops – Kreative Zugänge zu neuen Perspektiven
In einer neunmonatigen Workshop-Phase standen die Lebensrealitäten von Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt. Die Münster School of Design verantwortete Konzeption und Durchführung, das Franz Sales Haus übernahm die Akquise der Co-Designer:innen und die organisatorische Vorbereitung.
Die Workshops folgten einem explorativen Forschungsansatz mit offenen und anpassungsfähigen Methoden. Ziel war es, neue Sichtweisen zu erschließen und ein tieferes Verständnis für individuelle Lebenszusammenhänge zu gewinnen. Im Fokus stand das gemeinsame kreative Gestalten, durch das persönliche Erfahrungen und Perspektiven sichtbar wurden – etwa in Bereichen wie Schule, Arbeit, Freizeit oder Wohnen.
Mithilfe kreativer Methoden wie Zeichnen, Basteln, Modellbau oder Collagen konnten Gedanken und Gefühle auf vielfältige Weise ausgedrückt werden. Diese Form der Zusammenarbeit ermöglichte eine gleichberechtigte Teilhabe, auch für Menschen mit sprachlichen oder schriftlichen Einschränkungen.
Die gewonnenen Erkenntnisse bilden die wichtige Grundlage für die weitere Entwicklung des digitalen Tools.
Aktueller Stand – Entwicklung von Prototypen
Aus den Erkenntnissen der Co-Design-Workshopswird ein digitales Tool entwickelt, das Menschen mit Behinderungen dabei unterstützt, den Beruf zu finden, der wirklich zu ihnen passt.
Für die weitere Zusammenarbeit wurden zwei interdisziplinäre Teams gebildet, die ihre Fachkenntnisse einbringen, um das Tool gemeinsam zu entwickeln und stetig zu verbessern.
Die Methoden-Arbeitsgruppe mit Expert:innen vom Franz Sales Haus und der Münster School of Design entwickelt didaktische Ansätze auf Basis von Forschung und Praxis. Dabei werden die Erkenntnisse aus den Co-Design-Workshops mit Erfahrungen aus der Berufspraxis in der Arbeitsmarktintegration verbunden und in neue Methoden übertragen.
Die Tool-Entwicklungsgruppe mit Fachexpert:innen vom Franz Sales Haus, der Münster School of Design und dem Fraunhofer-Institut FIT ist für die technische Umsetzung des digitalen KI-Tools verantwortlich.
Die Erkenntnisse aus der Methoden-Arbeitsgruppe fließen direkt in die Entwicklung von Prototypen ein. Diese werden anschließend gemeinsam mit Menschen mit Behinderung auf Alltagstauglichkeit und Benutzerfreundlichkeit getestet. Innovative KI-Technologien, wie ein barrierefreier Chatbot, sorgen dafür, dass das Tool flexibel auf individuelle Bedürfnisse reagiert und optimal angepasst werden kann.
Wissenschaftliche Begleitung und sozialwissenschaftliche Forschung
Parallel zur technischen Entwicklung erforscht die Sozialforschungsstelle der TU Dortmund, wie der Übergang von Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt bestmöglich gelingen kann.
Dazu werden qualitative Methoden wie Interviews und Beobachtungen eingesetzt. Im Fokus stehen die Perspektiven von Menschen mit Behinderung, aber auch von Angehörigen, Fachkräften, Unternehmen, Trägern und politischen Akteur:innen. Diese Gespräche liefern wertvolle Einblicke in strukturelle Hürden, aber auch in Chancen für eine inklusive Beschäftigung.
Beobachtungen in Werkstätten, Förderschulen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe ergänzen die Befragungen durch praxisnahe Eindrücke. Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen laufend in die Tool-Entwicklung ein, um sicherzustellen, dass reale Herausforderungen und Bedürfnisse der Zielgruppe berücksichtigt werden.
Ausblick
Nach Abschluss des Projekts wird das digitale Tool öffentlich zugänglich sein. Es steht dann allen Interessierten kostenlos zur Verfügung. Zur Unterstützung bei der beruflichen Orientierung, zur Stärkung von Selbstbestimmung und zur Förderung echter Teilhabe am Arbeitsleben.